Samstag, 7. Mai 2011

Liebe, Leidenschaft und Glück in Linz

Liebe, Leidenschaft und Glück in Linz

Manuela und Franz sind an diesem Samstagvormittag unterwegs um ihren Wochenendeinkauf zu tätigen.
Manuela arbeitet am Krankenhaus in Linz als Stationsärztin. Franz ist Ingenieur und arbeitet bei einem größeren Ingenieurbüro, ebenfalls in Linz.
Und Linz? Linz liegt in Oberösterreich hat mehr Arbeitnehmer als Einwohner und ist sozusagen ein Jobmotor. Außerdem finden hier das Leben und die Liebe genauso statt, wie auf jedem anderen Flecken dieser Erde.
Manuela bleibt vor einer Boutique stehen. „Schau Franzl, ganz tolle Sachen haben die hier in dem Laden. Ich werde mir wohl was zum Anziehen kaufen.“
Ihr Gatte schaut ein wenig verwundert, „Hast Du nicht erst letzte Woche neue Klamotten gekauft?“
„Aber geh, Frauen brauchen immer Mal was Neues.“
Franz kratzt sich am Hinterkopf überlegt, wie er es ihr beibringen soll. Manuela wirft einen Blick zur Seite.
„Geh! Was schaust Du mich so komisch an? Hast wieder Angst ich gebe zuviel Geld aus?“
Franz atmet tief durch und dann lässt er die Katze aus dem Sack. „Wir kriegen kein Geld mehr auf der Bank. Unser Limit ist voll ausgeschöpft und die Bank will mit uns reden.“
Manuela zuckt mit den Schultern. „Na da mache ich dem Mann ein paar schöne Augen und die Sache ist erledigt.“
Franz schüttelt den Kopf. „Sage hinterher bloß nicht ich hätte dich nicht gewarnt. Den Menschen von der Bank beeindruckst du auch nicht mit schönen Augen. Die Jungs wollen Kohle sehen.“
Manuela schaut fasziniert in die Schaufensterauslage.
„Wir verdienen doch Geld, die Bank soll die Klappe halten. Meinst nicht, das Kleid steht mir gut?“
Franz ist fassungslos. „Ich sage dir, wir sind Pleite und du schaust nach Kleidern. Das ist wieder einmal so typisch für dich, verstehst du nicht oder willst du es einfach nicht kapieren?“
„Mensch, Franzl, du versaust mir immer mein Shopping, du bist ein alter Geizhals. Geh ins Kaffeehaus, ich komme später nach.“
„Manuela! Dir ist nicht zu helfen. Vielleicht merkst du ja an der Kasse was los ist!“ Franz dreht sich um und geht wortlos davon.
Am Zeitungsladen späht er in die Auslage und dann sieht er die Frau an der Kasse. Die sieht einfach nur zuckersüß aus und wie die lächelt.
Kurzerhand betritt er den Laden und schaut sich um. Verstohlen wandert sein Blick immer wieder in Richtung Kasse.
Die junge Dame hinter der Kasse heißt Sandra. Irgendwann später spricht sie den Mann an.
„Mein Herr kann ich Ihnen helfen?“
Franz strahlt über zwei Backen. „Ja und nein.“
Sie lächelt freundlich. „Wie darf ich Sie verstehen?“
Franz ist ihrem Charme erlegen und so pirscht er voll auf das Ziel los.
„Haben Sie schon was vor am Abend? Darf ich Sie einladen? Ich bin leider ein wenig knapp bei Kasse.“
Die junge Frau lächelt immer noch, jetzt wohl eher amüsiert. „Ich weiß nicht was Sie vorhaben mein Herr. Ihr Anbaggerspruch ist aber mit Abstand der Blödeste der mir je unter die Augen kam. Haben sie eigentlich eine Vorstellung was so eine Verkäuferin verdient? Ich bin doch nicht da um Blödmänner auszuhalten!“
Franz sieht seine Felle davonschwimmen. „Ich habe auch einen Wagen, vollgetankt, wenn ich bemerken darf.“
Sandra mustert den Mann von oben nach unten und bemerkt natürlich den Ehering am Finger. Auf der anderen Seite benötigt sie einen Wagen für den Abend, also mit dem Burschen wird sie wohl noch fertig.
„Gut, um sieben hier vor dem Geschäft. Wir fahren auf eine Party zu einer Freundin hundert Kilometer entfernt. Eine Wegstrecke ist dies wohlbemerkt. Saufen Sie?“
„Nein! Ich trinke keinen Alkohol.“
„Um so besser, dann können wir auch wieder nach Hause fahren ohne Probleme. Ich trinke auch keinen Alkohol mehr.“
Franz schaut sie mit großen Augen an.
„Ich meine, ich habe gute Gründe, keinen Alkohol mehr zu trinken.“
Franz grinst. „Das geht mich auch wenig an. Ich meine sie werden es mir sicher noch bei Gelegenheit sagen.“
Sandra nickte zustimmend. „Ja, vielleicht bei Gelegenheit, schauen sie zu, dass sie pünktlich sind.“

Franz schwebt aus dem Laden und ist erst einmal glücklich.
Manuela hat langen Dienst und wird erst wieder am Montagmorgen auftauchen, da kann er in der Zwischenzeit so richtig den ganzen Mist vergessen. Er wird die Kleine flachlegen keine Frage und dann wird er sich von Manuela trennen und, und.... . In seiner Euphorie hat er seine Umgebung total ausgeblendet und rennt voll gegen einen Mann. Der ist erst wütend, dann lacht er.
„Hallo Franz, bist wohl ein wenig stürmisch am Samstagvormittag.“
„Mensch Harald, dich habe ich glatt übersehen.“
Harald lächelt freundlich. „Ich bin auch so klein, einen Hünen wie mich übersieht man leicht.“
„Quatsch ich war in Gedanken, die Welt ist einfach so toll.“
Harald versteht im Moment nur Bahnhof.
Was ist bloß los mit dem Kerl?
„Gehen wir ins Kaffeehaus?“
„Ich war gerade auf dem Weg dahin, weißt du Manuela versucht sich wieder in Klamotten kaufen.“
Harald winkt ab. „Das kenne ich, von meiner Frau, bei der dauert so ein Einkauf oft Stunden. Ich bin darüber nur verzweifelt. Frauen sind halt Frauen.“
Im Kaffeehaus nehmen sie Platz an ihrem Tisch, der ist an diesem Morgen rein zufällig frei. Die nächste Stunde plätschert im Männergespräch dahin.
Manuela hingegen hat ihre Wahl getroffen und steht an der Kasse. Die Verkäuferin sagt freundlich.
„Gnädige Frau, das macht Vierhundertfünfzig Euro.“
Sie nimmt ihre Scheckkarte und reicht sie der Verkäuferin. Diese versucht die Karte einzulesen. Leider wird der Betrag nicht akzeptiert. Die Verkäuferin nimmt die Karte aus dem Lesegerät. „Sicher ist da ein Fehler in unserem Lesegerät. Ich versuche es noch einmal.“
Nach drei Versuchen ruft sie den Chef. Der erkennt sehr schnell die unangenehme Lage.
„Gnädige Frau, Ihre Bank akzeptiert ihre Karte nicht mehr.“

Manuela wird verlegen, auf ihr Gesicht legt sich die Schamesröte. Sie nimmt wortlos ihre Karte und verlässt die Boutique.
An der frischen Luft atmet sie tief durch und rennt fast bis zum Kaffeehaus.
Im Kaffeehaus sitzt Franz mittlerweile allein an seinem Tisch und wartet der Dinge, die kommen mögen. Ein komisches Gefühl in der Magengegend lässt ihn Unangenehmes erahnen.
Seine Frau reißt die Tür zum Kaffeehaus auf und stürzt auf seinen Tisch zu. Sie lässt sich auf den Stuhl fallen und starrt ihn stumm an.
„Wieso hast Du blöder Kerl mich nicht gewarnt? Weißt du überhaupt wie peinlich das ist? Du stehst in einer Boutique und deine Kreditkarte ist nicht gedeckt. Wie peinlich! Frau Doktor zahlungsunfähig. Warum hast Du mir nicht gesagt, wie schlimm es um uns steht?“
Franz schaut zum Fenster hinaus.
„Hättest Du es mir geglaubt?“
Die Serviererin kommt zum Tisch und stellt eine Wiener Melange vor Manuela ab. Sie lächelt freundlich.
„Bitte schön Frau Doktor. Wie immer?“
Manuela nickt stumm. Plötzlich wird ihr schlagartig bewusst, sie sind Pleite!
„Du Franz können wir überhaupt den Kaffee noch bezahlen?“
„Ich habe noch hundertfünfzig Euro in der Tasche. Das ist unser letztes Bargeld und heuer haben wir erst den 25.“
Manuela nippt still an ihrer Kaffeespezialität.
„Franz warum hast Du so viele Schulden gemacht?“
Franz ist erst sprachlos dann aber schlägt er zurück.
„Meine Liebe unsere Schulden, die gehören zur Hälfte auch Dir. Wir haben drei Kredite zu bedienen und leider das gemeinsame Girokonto mit zwölftausend Euro überzogen. Wir unterhalten zwei Autos, haben eine teuere Mietwohnung und fahren auch noch zweimal im Jahr in Urlaub. Dein Faible für teuere Markenkleidung schlägt ebenso nicht zu knapp zu Buche.“
Manuela schaut ihn erstaunt an.
„Meine Klamotten? Du tickst wohl nicht ganz richtig im Kopf! Ich kaufe mir nicht so oft Kleider.“
Franz zuckt mit den Schultern. „Das ist Ansichtssache, unser Kontostand ist Fakt.“
„Ich werde zu Hause meine Kosten aufstellen und dann laufen Dir die Augen über Franzl!“
Franz lächelt milde. „Wann gedenkst Du dies zu tun? Hast Du vergessen, Du hast Dich über das Wochenende freiwillig zum Dienst gemeldet.“
„Das ist Blödsinn, zwei Kollegen sind krank und die Vertretung hat Urlaub, da muss ich ja ran.“
„Auf jeden Fall werden wir nicht umhin kommen mit der Bank zu reden.“
„Ich werde jetzt bei meiner Mutter vorbeischauen, die gibt mir immer Geld. Außerdem wird mein Paps auch noch was abdrücken.“
Franz schüttelt den Kopf. „Wann wirst Du eigentlich eine Erwachsene? Du bist eine total verwöhnte Göre!“
Manuela streckt die Hand über den Tisch.
„Gib mir die Hälfte von unserem Geld.“
Franz grinst und fragt.
„Gibst Du mir auch die Hälfte vom Geld Deiner Eltern?“
Manuela tippt sich an die Stirn.
„Spinnst Du, das Geld ist für mich gedacht!“
„Aha! Du bist und bleibst eine Egoistin.“
Manuela steht vom Tisch auf. „Das nimmst Du sofort zurück! Ich rede ansonsten nie mehr ein Wort mit Dir.“
Franz schaut sie verärgert an. „Dann haue doch ab! Verschwinde endlich aus meinem Leben, Du dämliche Nuss!“
„Ach, so denkst Du von mir? Eigentlich wollte ich mit Dir in der Wienerstrasse beim Italiener essen gehen; aber jetzt kannst Du mich Mal!“
Franz erwidert. „Ich bin froh, wenn ich Dich nicht mehr sehen muss!“
Manuela stemmt die Hände in die Hüften.
„Damit wäre ja so gut wie alles gesagt!“
Dreht sich um und verlässt das Kaffeehaus. Franz legt das Geld auf den Tisch und verschwindet ebenfalls. Dieser Auftritt war nur peinlich. Was sollen die Leute nur von Ihnen denken?
Manuela besucht an diesem Nachmittag ihre Eltern und hat das große Glück am Ende besser dazustehen, als zuvor.
Ihr Vater schüttelt nur den Kopf über soviel jugendliche Dummheit. Alle Vorträge über den Umgang mit Geld scheinen hier wenig zu fruchten. Kind ist nun einmal Kind und bleibt es auch als Erwachsene. Sie haben nur die eine Tochter, so zeigt er sich von seiner großzügigen Seite. Er verspricht, seiner Tochter am Montag ihre Schulden auf dem laufenden Konto auszugleichen. Im Gegenzug erwartet er von seiner Tochter endlich mehr charakterliche Reife, immerhin sind ihre Eltern bekannte Persönlichkeiten.
Manuela würde alles versprechen, und wie immer nichts davon halten, nur dieses Mal ist es doch anders. Sie nimmt sich ernsthaft vor an der Angelegenheit zu arbeiten.
Ihre Mutter drückt ihr dreihundert Euro in die Hand und gibt ihr noch eine halbe Linzertorte mit. Der Franzl isst doch so gern Linzertorte.
Am Auto rollen Manuela die Tränen. Der Tag läuft echt bescheuert. Eigentlich sollten sie sich doch vertragen, statt sich auch noch zu zerfleischen. Im Grunde liebt sie doch Franzl, nicht auszudenken, er würde dieses Wochenende Unsinn treiben. Sie will auf jeden Fall noch mit ihm reden vor Dienstantritt.

Ihre Wohnung ist leer, Franzl hat schon das Weite gesucht.
Tief enttäuscht fährt Manuela zum Krankenhaus, ausgerechnet dieses Wochenende muss sie auch noch die lange Schicht schieben.
Auf der Station hat sie sofort jede Menge zu tun und schnell hat sie ihre Probleme verdrängt. Zu allem Elend fällt auch noch in der Notaufnahme Personal aus und sie ist total im Treiben. Gegen vier Uhr am Morgen hat sie endlich ein wenig Ruhe und sie ruft zu Hause an. Niemand hebt am anderen Ende der Leitung ab. Manuela ist schlecht, die ganzen letzten Wochen ist ihr schon schlecht und es wird nicht besser. Die letzte Zeit hat sie häufiger so einen komischen Heißhunger auf total blöde Sachen.
Um diese Zeit hängt Franzl meist am Computer und surft im Internet. Warum an diesem Sonntagmorgen nicht?
Wie kann sie auch wissen, Franzl amüsiert sich prächtig auf
einer Party. Er ist hundert Kilometer entfernt auf einem Bauernhof.
Während der Fahrt hat er schon versucht diese Sandra aufzureißen, nur die lässt sich nicht auf ihn ein. Er beobachtet sie den ganzen Abend schon und irgendwie wird er das Gefühl nicht los, die ist in festen Händen. Nur warum verschweigt sie es?
Vor dem Haus trifft er sie die Sterne betrachtend.
„ Wieso hast Du mir nichts von Deinem Freund gesagt?“
Sandra schaut ihn erstaunt an. „Mein Freund ist ein verheirateter Deutscher Volltrottel, der hier in Österreich arbeitet und zu dämlich ist, sich für mich zu entscheiden. Ich bin außerdem zwanzig Jahre jünger als er. Du trägst einen Ehering, was erwartest Du von mir?“
Franz schaut auf seinen Ehering. „Ja, ich bin verheiratet mit Manuela, einer Ärztin, tolle Frau. Wir hatten Streit und ich wollte Ihr eins auswischen.“
Sandra schüttelt verständnislos den Kopf. „Und da denkst Du, wenn Du Mal so nebenbei eine Andere nimmst, ist die Rache perfekt? Ich rate Dir lass bloß die Finger von dem Unsinn. Du machst es am Ende nur noch schlimmer.“
Franz schaut in den klaren Sternenhimmel. „Und wie ist es bei Dir?“
„Ich hoffe, es kommt eine Sternschnuppe und dann wünsche ich mir, er entscheidet sich endlich für mich.“
Franz sagt leise. „Weiß der Trottel eigentlich, wie sehr Du ihn liebst?“
Sandra lacht laut. „Ich glaube, er weiß es nicht! Vielleicht benutzt er mich ja nur. Ich will es nicht wahrhaben.“
„Weißt Du Sandra Du, hast mich vor einem großen Fehler bewahrt. Wann fahren wir eigentlich zurück nach Linz?“
Sandra nickt zustimmend. „ Ich denke wir fahren gleich.“
Sie verlassen die Party und fahren zurück in die Stadt. Franz hält vor dem Geschäft. „Wieso wohnst Du eigentlich über dem Laden?“
Sandra lacht. „Der Laden gehört mir, komm ich koche uns noch einen Kaffee.“
Franz schaut sie lange an. „Aber nur einen Kaffee.“
„Was denkst Du denn, ich habe Dir doch gesagt, wie es um mich steht.“
Franz nickt beruhigt. „Dann ist alles in Ordnung.“
Sie betreten das Treppenhaus und gehen nach oben in den ersten Stock. In Sandras Wohnung brennt Licht.
„Mist! Ich habe wohl vergessen das Licht auszuschalten.“
Sie schließt die Wohnungstür auf und sie betreten die Wohnung. „Gehe schon Mal in unser Wohnzimmer, da vorne die Tür rechts.“
Franz geht in das Wohnzimmer und erschrickt. Ein Mann sitzt auf der Couch und schaut ihn wenig überrascht an.
Franz zeigt hinter sich. „Ich habe Sandra nach Hause gefahren, sonst ist zwischen uns nichts gelaufen.“
Der Mann lächelt freundlich. „Sandra würde nie einen Mann an sich heranlassen.“
Franz schaut ihn erstaunt an. „Sie sind ein Mistkerl hat Ihnen schon einmal jemand diese Wahrheit gesagt. Sie haben eine der tollsten Frauen dieser Stadt und Sie sind immer noch mit einer anderen Frau verheiratet. Sie sollten sich schämen! In einem Punkt haben Sie recht, eine solche Frau haben Sie nicht verdient, die liebt sie wirklich.“
Verlegen schaut Franz nach unten auf den Teppichboden.
„Ich gehe dann besser jetzt.“

Er verlässt die Wohnung und fährt nach Hause. In seiner Wohnung brennt auch das Licht. Manuela hat wohl vergessen das Licht auszumachen, als sie am Abend zum Dienst ging.
Im Wohnzimmer erwartet Franzl eine Überraschung und die verschlägt ihm die Sprache.
Auf der Couch liegt Manuela und schaut ihn stumm an. Er braucht einige Zeit um sich auf diese Situation einzustellen.
„ Ich komme gerade von einer Party.“
Manuela schaut ihn überrascht an. „Seit wann gehst Du auf Partys?“
„Ich brauchte ein wenig Abstand, etwas Ablenkung von meinen Gedanken. Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll? Wir reden doch viel zu wenig miteinander. Wieso bist Du eigentlich nicht in der Klinik?“
„Ich bin zusammengebrochen und da haben sie mich krankgeschrieben.“
Franz ist erschrocken. „Hast Du was Ernstes?“
Manuela nickt. „Ja, unser Leben wird sich auf den Kopf stellen.“
Franz setzt sich kreidebleich auf einen Sessel. „So schlimm?“
Manuela grinst breit. „Kommt darauf an, auf jeden Fall wird es in ein paar Monaten hier ein wenig enger werden.“

Franz schaut sie lächelnd an. „Soll es etwa heißen, wir kriegen ein Baby?“
Manuela richtet sich auf der Couch auf. „Was hast Du den gedacht?“
Franz sagt mahnend. „Wir müssen unbedingt unsere Finanzen in Ordnung bringen.“
Manuela lächelt. „Mein Vater gleicht unser Konto aus und wahrscheinlich wäre es klug, zu meinen Eltern zu ziehen. Ich will wieder arbeiten und meine Eltern haben Personal.“

Franz nickt zustimmend. „Ich denke unsere große Freiheit ist wohl vorüber.“
Manuela sieht ihn an. „Bist Du mir noch böse?“
„Nein mein Schatz, ich war doch auch nicht besser.“
Ihre Lippen finden sich zu einem langen Kuss.

Sandra kommt singend aus der Küche, vor sich ein Tablett balancierend. Fast entgleitet es ihr vor Schreck aus den Händen. Auf der Couch sitzt nicht Franz, sondern Christian. Sie setzt das Tablett mit letzter Kraft auf dem Couchtisch ab.
„Wo kommst Du her? Wo ist Franz?“
Sie lässt sich mit diesen Fragen in einen der Sessel sinken, ahnend es wird ein unangenehmes Gespräch.
Christian lächelt sie an. „Der hat es vorgezogen zu gehen. Das ist auch besser so, wir haben zu reden.“
Sie hat es schon befürchtet, sicher wird er ihre Geschichte bezweifeln. Sie hebt verzweifelt die Hände hoch. „Da war überhaupt nichts. Ich war mit ihm auf der Party, zu der Du keine Zeit hattest. Du wolltest das Wochenende in Deutschland bei Deiner Frau verbringen.“
Christian lächelt sie immer noch an. „Meine Rose, ich weiß doch schon längst die Wahrheit.“
Sandra schaut ihn erstaunt an. „Du weißt die Wahrheit? Während Du Dich in deinem Ehebett wälzt, weine ich mir die Augen aus.“
Er zeigt auf den Platz neben sich auf der Couch.
„Komm setze Dich zu mir meine Rose.“
Sie ist sich nicht sicher. Was soll sie jetzt davon halten? So nimmt sie neben ihm Platz und Ihr Herz pocht laut und stark. Irgendwie befürchtet sie, er wird das Ende Ihrer Beziehung verkünden. Nur warum nennt sie dann noch seine Rose?
Christian hingegen sucht nach den passenden Worten. Es wird nicht einfach werden. Er blickt ihr in ihre strahlenden Augen und seine Angst fliegt davon.
„Ich denke ich muss Dir die Wahrheit sagen, Sandra. Ich habe Dich die ganze Zeit belogen. Es gibt keine Ehefrau mehr, Brigitte ist seit sechs Jahren tot.“
Die Worte hallen durch den Raum und Sandra hört nicht das Wort von der Lüge, sie hört nur: keine Ehefrau!

Ihr Herz schlägt Salto und am liebsten würde sie an die Decke springen, stattdessen blickt sie ihn vorwurfsvoll an. Soll er bloß ein schlechtes Gewissen haben.
„Ich hatte Angst vor einer neuen Bindung, außerdem bist Du so viele Jahre jünger. Wie soll so etwas gut gehen? Am Anfang unserer Beziehung war ich mir sicher solch eine Liebe ist auf Zeit, kurze Zeit. Im ersten Jahr habe ich immer den Tag gefürchtet, an dem Du Schluss mit mir machst. Das zweite Jahr wurde ich mir Deiner Liebe sicherer, aber die Panik wuchs, weil ich doch zu alt für Dich bin. Im dritten Jahr wollte ich Dich nur noch auf Händen tragen und zu Deinen Füssen einen Teppich voller Rosen streuen. Irgendwann fragte ich mich, wie finde ich jetzt in die Wahrheit zurück.“

Sandra schaut ihn mit großen Augen an. Was passiert jetzt?
Christian lächelt sie an, kann dieses Lächeln noch lügen oder gar betrügen? Das muss doch Liebe sein!

„Ich habe den Kindern das Haus in Deutschland überschrieben, die Lebensversicherungen lauten auf Dich und mein kleines Vermögen werden wir wohl noch für schöne Dinge brauchen. Ehe ich es ganz vergesse, ich gehe auch nicht nach Australien, ich brauche den Job nicht. Ich weiß jetzt genau was ich in meinem Leben wirklich vermissen würde. Das bist Du, immer nur Du.“
Christian geht auf die Knie vor ihr und schaut sie lange an. Er beginnt, in seiner Jackentasche zu kramen.

„Ich habe da etwas für Dich, meine Rose.“ Er zieht ein Schmuckkästchen hervor. Behutsam öffnen seine Finger das Kästchen und dann strahlt ein Diamantring vor ihren Augen.

In dem Moment entsteht die Frage: Wer strahlt mehr, der Schmuck oder die Dame?
„Ich möchte Dich fragen, Sandra Meiergruber, willst Du meine Frau werden?“
Sandra strahlt noch mehr und aus ihren wunderschönen Augen, fließen die Tränen wie strahlende Diamanten.

„Ich habe gestern Nacht in die Sterne geguckt und ich bin mir sicher, ich habe eine Sternschnuppe gesehen. Ich kann es kaum fassen, am nächsten Morgen erfüllt sich mein lang ersehnter Traum. Ja! Ja! Natürlich will ich.“
Sie zieht ihn an sich heran und sie küssen sich heiß und innig. In einem kurzen Augenblick zwischen ihren Liebkosungen, streift ihr Christian den Ring an den Finger.
Sandra betrachtet immer wieder ihren Ring. Alle ihre verzweifelten Stunden der Vergangenheit sind wie im Rausche dahin. Sie schwebt auf Wolken und ist so richtig rundum glücklich.

„Es ist Sonntagmorgen Christian und ich würde gerne in ganz Linz meinen Ring zeigen, außerdem habe ich Hunger. Ich habe ganz vergessen Dir zu sagen, ich bin in anderen Umständen.“ Sie hebt ihre Hand zum Schwur. „Ich weiß es erst, seit ich bei der Frauenärztin war.“

Christian lacht laut und gibt ihr einen Kuss.
„Was würde gnädige Frau von einem Brunch im ersten Haus am Platz halten?“
Sandra streichelt seine Wange. „Oh, das würden der gnädige Herr für mich tun?“
Christian sagt ihm Brustton der vollen Überzeugung.
„Für Dich meine Rose ist mir kein Weg zu weit und nichts zu teuer. Außerdem vielleicht wird es ein Mädchen, schauen wir Mal. Ich bin auf jeden Fall total begeistert.“

Sandra lächelt glücklich. „Auf was warten wir noch?“
Sie gehen händchenhaltend durch die Innenstadt und am liebsten würde Sandra ihr Glück in die Welt hinausschreien.

Nein! Sie will lieber ihr Glück für sich selbst behalten. Es hinaus zu brüllen in den Tag, könnte auch bedeuten das Glück wieder zu verlieren, da schweigt sie dann doch lieber.

© Bernard Bonvivant, Schriftsteller, Germany

Autor des Romans „Das Chaos“

Freitag, 22. April 2011

Osterüberraschung im Ostertal

Osterüberraschung im Ostertal

Ein Märchen von Bernard Bonvivant

Frieda sammelte die Eier in den Weidenkorb und er war bald randvoll gefüllt. Ihr Herz hüpfte vor Freude, es würde viele Ostereier geben, Eierlikör und eine Menge Kuchen konnte sie backen und nicht zu vergessen ihr berühmter Eiersalat. Zufrieden machte sie sich auf den Weg zu ihrem Haus. Sie pfiff ein lustiges Lied. Plötzlich stolperte sie auf dem Weg und fiel auf den Boden, der Weidenkorb entglitt ihren Händen und die Eierpracht ergoss sich auf den Boden.

Alle Eier waren kaputt und nun floss das Eiweiß vermischt mit dem Eigelb über den Gartenpfad. Frieda setzte sich in das Gras und schaute verzweifelt auf die Bescherung. Tränen kullerten die Wangen herab.

Um die Ecke kam Otto auf seinem Fahrrad sitzend, gleich einem Pfeil geschossen und stoppte kurz vor dem Eiermatsch. „Ach her je, das ist aber kein schöner Anblick!“ Frieda weinte nun hemmungslos und schluchzte. „Damit ist Ostern ins Wasser gefallen! Wo soll ich jetzt neue Eier herbekommen?“

Otto stellte sein Fahrrad auf dem Weg ab, setzte sich neben Frieda und nahm sie tröstend in den Arm. „Frieda, Schwesterchen, wer wird da so verzweifelt sein? Für alles gibt es eine Lösung.“ Frieda schüttelte den Kopf. „Jungs haben immer nur dumme Sprüche auf Lager.“ Otto nahm es ganz gelassen. „Wieso? Ich besorge dir ganz schnell neue Eier.“ Die Schwester tätschelte seinen Arm. „Du Großmaul! Heute ist Gründonnerstag, da kriegst du nirgends mehr frische Eier!“ Otto ganz bei seiner Ehre gepackt, meinte dazu nur. „Du wirst schon sehen, ich bekomme Eier.“ Frieda sagte zweifelnd. „Daran kannst nur du Osterhase glauben. Viel Spaß beim Eiersuchen.“

Otto schnappte sich den Weidenkorb, befestigte ihn auf dem Gepäckträger seines Rades und machte sich auf die Socken. Auf dem ersten Bauernhof lächelten sie ihn mitleidig an, der zweite Bauer lachte ihn schallend aus und der dritte Bauer zeigte ihm seine leeren Hände. Am Ende des Dorfes lag der Hof vom alten Ludger. Normalerweise traute sich hier kein Mitbewohner des Ortes hin. Der alte Bauer begrüßte seine Gäste mit der Schrotflinte in der Hand. An diesem Tag arbeitete er in seinem Bauerngarten mit dem Spaten in der Hand. Er blickte kurz auf, um zu schauen, wer da ungefragt mit seinem Fahrrad auf seinen Hof fuhr. Dann zog er sein Taschentuch aus der Hosentasche und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Wenig freundlich murmelte er. „Was willst du Langohr von mir, du Lümmel von der anderen Seite des Tals? Soll ich dir deine Eselsohren noch länger ziehen?“ Otto sprach mutig. „Ich habe keine Eselsohren!“ Ludger entgegnete. „Du musst Eselsohren haben, weil du ein Esel bist, kein normaler Bewohner dieses Tales würde es wagen meinen Hof zu betreten. Alle haben Angst vor meiner Schrotflinte.“ Otto hatte nicht die geringste Lust auf eine lange Auseinandersetzung und so erzählte er ohne Punkt und Komma, die ganze Geschichte. Ludger hingegen hörte aufmerksam zu. Er kratzte sich am Hinterkopf und meinte. „Weißt du mein Junge, die Angelegenheit ist sehr ernst und Ostern ohne Eier, das ist einfach undenkbar. Leider habe ich auch keine Eier mehr, ich wüsste aber wer noch Eier im Überfluss hat.“ Otto war sprachlos und seine Knie wurden weich. Ludger sprach derweil weiter. „Tief im Wald auf einer Lichtung steht die Hütte des Meisters Reineke. Der üble Schurke hat in den letzten Tagen viele Eier aus unserem Ort getragen. Er versteckt sie in seiner Hütte. Du solltest ihn um die Eier bitten, sei aber vorsichtig, der Kerl ist mit allen Wassern gewaschen.“

Otto setzte sich auf sein Fahrrad und radelte in den Wald, über die Hauptwege, die Nebenwege und Trampelpfade gelangte er zu der Lichtung. Reineke lag gemütlich in einem Liegestuhl vor seiner Hütte und hob kurz den Kopf. „Schau an! Schau an! Der Otto hat sich wohl verfahren. Soll ich dir Fersengeld geben?“ Mutig stieg Otto von seinem Fahrrad ab und sprach. „Nein! Gib mir lieber die Eier, welche du in deiner Hütte versteckt hast.“ Reineke hob seinen Kopf an und blickte mit großen Augen auf den Jungen. „Wie kommst du zu der Annahme, ich würde in meiner Hütte Eier verstecken? Blödsinn! Was soll einer wie ich schon mit Eiern anfangen.“ Otto hatte die Nase voll und so erzählte er ohne Komma und Punkt, seine Geschichte. Reineke erhob sich von seinem Liegestuhl und überlegte. „Für das Ostertal bedeutet es eine Katastrophe, wenn Frieda an Ostern keine Eier färbt, keinen Eiersalat macht, es keinen Eierlikör gibt und an die feinen Backwaren will ich schon gar nicht denken.“ Otto atmete auf. „Dann ist ja alles klar!“ Er nahm seinen Weidenkorb und hielt ihn dem Meister Reineke unter die Nase.

Der hob seine Hände abwehrend und meinte. „Nicht so schnell, mein junger Freund, für mich muss bei dem Geschäft auch eine Rendite herausspringen. Habe ich keine Eier zu Ostern, so möchte ich wenigstens eine Gans. Bringst du mir die Gans, gebe ich dir die Eier, so macht man Geschäfte.“

Otto stöhnte mächtig. – Wo nimmt er eine Gans her, wen nicht sogar stehlen? –

Er setzte sich auf sein Rad und fuhr über die Trampelpfade, die Nebenwege über die Hauptwege zurück in das Dorf. An jedem Haus hielt er an, doch niemand gab ihm freiwillig eine Gans und schon gar nicht für Meister Reineke. In seiner Verzweiflung hielt er am Dorfteich an und setzte sich auf eine Bank, blickte griesgrämig auf den Teich und murmelte. „So ein Pech aber auch, jetzt ist Ostern wohl doch gelaufen.“

Die Fee Mariechen hörte seine Worte und setzte sich neben ihn. „Hallo mein Freund, was hast du für Probleme an einem solch schönen sonnigen Tag.“ Otto erzählte seine Geschichte und es sprudelten die Worte aus ihm hervor, einem Wasserfall gleich. Am Ende lächelte ihn Mariechen an. „Währest du gleich zu mir gekommen, ich hätte dir sofort geholfen. Eine Gans, das ist doch kein Problem. Die kannst du von mir bekommen. Folge mir.“

Staunend folgte Otto der Fee in einen Schuppen und dort hing tatsächlich eine Gans an einem Balken. Die Fee zeigte auf das Tier. „Diese Gans hat mein Opa, der Zauberer Heiner, heute Morgen geschlachtet. Eigentlich sollten wir den Braten an Ostern auf unserem Tisch haben, doch für das Ostertal, da ist es den Verzicht wert.“ Otto blickte sprachlos auf die Gans und dann wieder auf die Fee. Mariechen nickte nur grinsend. Der Junge hängte die Gans vom Balken ab, da sprach eine Stimme aus dem Schatten. „So, so, und mich fragt wieder keiner.“ Erschrocken blickte Otto in die Ecke, aus der die Stimme kam. Opa Heiner schlurfte mühsam zu ihnen herüber. „Tja Kinder, das ist alles sicher rührend nur meinen knurrenden Magen wird es zum Feste wohl kaum besänftigen können.“

Otto verstand sofort. „Das ist doch vollkommen logisch, ihr seit an Ostern unsere Gäste.“ Der alte Zauberer lächelte. „Angesichts dieser Nachrichten spricht wohl nichts mehr dagegen, nimm die Gans, bringe sie dem Meister Reineke und lass dich von dem Schuft nicht über das Ohr hauen.“

Das brauchte er Otto nicht zwei Mal zu sagen. Der machte sich auf den Weg zu besagter Hütte mitten im Wald. Meister Reineke staunte nicht schlecht über die Gans und entgegen seiner Art packte ihn sogar die Ehrlichkeit. Er packte den Weidenkorb randvoll mit frischen Eiern.

Frieda hingegen machte ganz, ganz, große Augen ihr Herz hüpfte voller Freude. Sie färbte Eier, machte ihren berühmten Eierlikör, den Eiersalat und zauberte hingebungsvoll die tollsten Kuchenkreationen.

Am Ostersonntag saßen der Heiner, das Mariechen, der Otto und die Frieda an der köstlich gedeckten Tafel auf der Terrasse. Man wird es kaum glauben, aber der Ludger kam auch und war ganz friedlich.

Im Ostertal waren die Freude und der Frieden eingekehrt und die Sonne strahlte mit den bunten Eiern um die Wette. Die Bienen summten munter umher und sangen bereits das Lied des nahenden Mai. Meister Reineke schnarchte hochzufrieden mit vollem Bauch auf seinem Liegestuhl liegend. So hatte das Ostertal am Ende doch noch seine Osterüberraschung und zum Dank dafür erhielten die Kinder dieser Welt auch in diesem Jahr ihre bunten Osternester.

© Bernard Bonvivant, Schriftsteller, Germany


Autor des Romans "Das Chaos"

Mittwoch, 26. Januar 2011

Die goldene Sonne Kaliforniens

Die goldene Sonne Kaliforniens

Ich kam 1823 als Gustav Friedrich von Freyenhausen zur Welt. Früh schon hielten meine Eltern mich für einen Taugenichts. Ich hatte viele Ideen in meinem Kopf doch leider passten sie nicht zu meinem Stande. Im Jahre 1843 hatte mein werter Vater endlich die Schnauze voll von mir. Er buchte ohne mein Wissen eine Schiffspassage in die neue Welt, verfrachtete mich zum Kai. Versehen mit einer bemerkenswerten Abfindung sollte ich mein Glück in der neuen Welt suchen.

Offenbar hatte der alte Herr doch Gewissensbisse seinen zweiten Sohn so einfach in die Welt zu werfen. Zu meiner Schande musste ich eingestehen, es hatte mich nicht im Geringsten gereut zu gehen. Mein alter Herr hatte es dennoch für notwendig gehalten, mich nach Kalifornien zu einem alten Freund zu schicken. Der werte Herr hatte einen Zeitungsverlag in San Francisco.

Ich war bei meiner Ankunft ein wenig enttäuscht, San Francisco hatte nicht einmal 1.000 Seelen zu bieten. Das Amüsement war eher bescheiden und die Damen auch nicht gerade die erste Wahl. In meinem Hotelzimmer waren die Wanzen und es war keineswegs als sauber zu bezeichnen. War ich etwa in der Welt des Teufels gelandet? Nein!

Es sollte noch viel schlimmer kommen, doch dies wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht. So begab ich mich zu meinem Antrittsbesuch bei diesem Verleger. Ich hatte eigentlich eher den Müßiggang und die Lasterhaftigkeit auf meine Fahne geschrieben. Leider musste ich gleich bei meinem Gespräch mit dem werten Verleger, einem Schweizer feststellen, mein alter Herr versuchte, meinem Drang einen Riegel vorzubauen. Das Ansinnen an mich war keineswegs unverschämt, ich sollte als Redakteur arbeiten und zusammen mit einem Fotografen vernünftige Artikel für die Zeitungen in Europa erarbeiten.

Der Fotograf hieß Maurice Chevalier und war wie der Name schon andeutete Franzose. Dieser Umstand machte ihn mir gleich sympathisch, ein Franzose verstand zu leben. Ich sollte noch lernen, dass es Unterschiede gibt in der Auffassung, wie man lebte.

Um es kurz zu machen, ich nahm die Herausforderung an. Mein größter Wunsch war es diesem Hotel zu entkommen und so musste ich mir dringend eine standesgemäße Unterkunft suchen. Es sollte sich in meinem Leben ein neues Dach finden auf eine äußerst originelle Art. Während ich wieder einmal enttäuscht von einer möglichen Wohnstätte zurück zu meinem Hotel lief, war das Schicksal an meiner Seite.

Erst roch ich ein angenehmes Parfüm und dann nahmen meine Augen eine Dame wahr. Ja, sie war eine Dame vom Kopf bis zum Fuß. Was ich noch sah, waren zwei Flegel, die sicher nichts Gutes im Sinn hatten. Sie hielten die Dame an und versuchten ihr den Weg zu versperren, dabei machten sie sehr eindeutige Angebote. Ein Mann mit Ehre und Anstand kann solches Treiben nicht tatenlos geschehen lassen.

Ich stellte mich den Herren vor und bat sie die Dame in Ruhe zu lassen. Es gelang mir dem ersten Schlag auszuweichen und dann stürzte sich einer der beiden Flegel auf mich. Es kam zu einer wilden Rauferei.

Unterdessen wollte der zweite Flegel der Dame unter den Rock fassen. Solches hätte er besser gelassen. Das nachfolgende Ereignis gereichte einer Dame zum Ruf als Miss Unnahbar. Die Dame trat ihn an seine empfindlichste Stelle und schlug ihm mit ihrer rechten Faust an die Schläfe. Der Bursche fiel wie ein Sack zu Boden.

Sein Kumpel ließ von mir ab und starrte überrascht auf den am Boden liegenden Freund. Eine Frauenstimme sagte laut und deutlich. „Wenn diese üblen Burschen nicht Land gewinnen, dann schieße ich euch die Männlichkeit ab!“

Sie hielt einen Revolver in der Hand und das Funkeln ihrer Augen und die Zornesröte in ihrem Gesicht, fand zumindest ich einfach nur toll. Eine Menschenmenge hatte sich mittlerweile gebildet und klatschte Beifall.

Miss Maureen hatte sich Respekt verschafft und nicht nur solches, die Männer ließen sie ab diesem Tage in Ruhe. Während die Menschenmenge sich auflöste und ich aus dem Dreck der Straße auferstand, überkam mich ein gewisses Gefühl der Scham.

Ich klopfte an meiner Kleidung den Staub ab, dann sah ich wie die Dame mich musterte. Verlegen suchte ich dem Blick auszuweichen.

„Herr von Freyenhausen macht es ihnen Spaß sich wie ein Schwein im Dreck zu wälzen?“ Es waren Peitschenhiebe und sie trafen bis auf das Knochenmark. Woher kannte sie meinen Namen? Sie winkte mich herbei wie einen Lakai. „Folgen Sie mir, immerhin ist eine Reinigung von Nöten.“

Ich folgte ihr in ein echtes Haus aus Steinen gemauert, ein herrschaftliches Gebäude. Eine schwarze Perle sah mich kopfschüttelnd an. „Miss Maureen, soll der etwa?“

Die Dame blickte sie streng an. „Ja! Der soll und ich möchte keine weiteren Kommentare hören. Herr von Freyenhausen hat schließlich für meine Ehre gekämpft.“

Ich wurde in eine Badewanne gesteckt, es war das schönste Gefühl seit meiner Abreise aus Europa, wenn ich etwas vermisst hatte; dann war es die geeignete Badestelle. Ich kleidete mich in neue saubere Kleidung. Woher sie kam, war mir in diesem Moment unwichtig. Einige Zeit später führte mich die schwarze Perle in den Salon.

Maureen Ó Cinnéide war die Tochter eines angesehenen Bankers mit irischen Wurzeln. Während ich ihre Schönheit bewunderte, reichte ihr Vater mir die Hand. Ich war so gefangen von diesem Anblick, dass ich dabei meine Umwelt vergessen hatte.

Wir speisten zu Abend und Mister Ó Cinnéide fand die Konversation mit mir sehr angenehm. Bei einem Glas Whisky vor dem Kamin nahm ich die Einladung in seinem Haus zu wohnen dankend an. Diese Entscheidung war wohl die Klügste in meinem ganzen Leben.

Während ich meine zarten Bande zu Maureen webte, brach um uns herum die Hölle los. Innerhalb von nur 2 Jahren wuchs unser San Francisco um das 25-fache. Das Zauberwort hieß Gold. Die Menschen stürmten unsere Stadt und die Kaufleute erhöhten die Preise.

Maurice Chevalier und meine Schreibkunst standen plötzlich hoch im Kurs. Unsere Berichte über den Goldrausch fanden reißenden Absatz. Erstaunlich war dabei, kein einziger Verlag fragte uns, wie es uns möglich war, so viele Nachrichten in die Welt hinaus zuposaunen. Alle Welt war nur noch fasziniert von dem glitzernden Gold.

Die Bank von Mister Ó Cinnéide wurde über Nacht zur mächtigsten Bank des Südens Amerikas. Das Leben hatte aber auch Schattenseiten zu bieten, in den Jahren 1849 bis 1851 brannte San Francisco insgesamt sechs Mal ab.

Na ja, nicht die ganze Stadt, aber die ganzen Holzhäuser und die dichtgedrängten Armenbehausungen schon. Maurice und ich hatten uns derweil so in die Arbeit gestürzt und begonnen die Welt mit Nachrichten zu versorgen, wir merkten nicht einmal mehr, wie die Zeit verflog.

Lediglich Maureen erinnerte mich an ein anderes Leben. Maureen hatte es plötzlich unheimlich eilig aus San Francisco zu ziehen. Sie bestand auf die Ehe und ein Haus außerhalb der Stadt. Zugegeben die Ehe war überfällig, nur mit dem Bau eines Hauses außerhalb der Stadt zögerte ich noch. Diese Frau kannte kein Erbarmen, alle meine Einwände wurden von ihr in der Luft zerpflückt.

Am Ende kam es, wie es kommen musste, wir bauten ein neues Haus weit von San Francisco weg. Wir zogen sozusagen auf das Land. Der alte Ó Cinnéide fand es gut. Mein Freund und Partner Maurice fand es schlecht. Er wollte nicht weg von seiner Stadt.

Die Nächte voller Abenteuer und ständig in den Armen anderer Frauen hatten ihm die Syphilis beschert. Ich war voller Dankbarkeit, Liebe und Wärme für jene Frau, die mir dieses Schicksal ersparte. Ich trug Maureen auf Händen, es war mir schlagartig bewusst geworden, welches großartige und einzigartige Geschöpf ich an meiner Seite hatte.

Wir wohnten jetzt auf dem Land und in der Stadt breiteten sich immer mehr die Flöhe und Ratten aus. Die Hygiene war in der schnellwachsenden Stadt kein Thema mehr.

Wie goldrichtig die Entscheidung meiner Frau war, wurde uns im Winter des Jahres 1851 vor Augen geführt. Ein Schreckgespenst hatte die Stadt ergriffen, die Cholera. Der Tod zog durch die Straßen und machte reichlich Beute. Er verschonte auch meinen Freund Maurice nicht.

Das Leid des einen, des anderen Freud. An diesem Spruch stimmte vieles, während ein Großteil der Bevölkerung in Kalifornien verstarb, ging es uns blendend.

Meine Frau gebar vier Kinder und ich hatte endlich beschlossen, anständig zu werden. Ich war in der Bank meines Schwiegervaters zum stellvertretenden Präsidenten aufgestiegen.

Unsere große Zeit kam erst. Wir bauten nun unsere Bank, das Bankhaus Ó Cinnéide & von Freyenhausen zu einer der mächtigsten Banken der Welt. Wir beteiligten uns an Minengesellschaften, Eisenbahnen und Fabrikationen. Die Nähe zum Pazifik brachte uns auf die Idee, uns eine Schiffsflotte zu zulegen.

So wurden wir ohne selbst nach Gold gesucht zu haben dennoch Gewinner des Goldrausches in Kalifornien.

© Bernard Bonvivant, Schriftsteller, Germany