Samstag, 25. September 2010

Rudi und die Frau für ein Leben

Rudi und die Frau für ein Leben


Rudi war ein gutaussehender Mann, nur leider fand sich
nicht die richtige Frau für ein gemeinsames Leben.

Woran mochte solches liegen? Hatte er zu hohe Ansprüche?
War er gar ein Hallodri?

Er stand mit beiden Füssen auf dem Boden, nur bei den Beziehungen zu Frauen griff er immer daneben.

Vor ein paar Wochen traf er in einem Supermarkt die Frau für ein Leben. Die Dame war Mitte dreißig, blond, gertenschlank und hatte einen nicht zu übersehenden Busen.
Ihre blonden langen Haare umhüllten das Gesicht eines Engels und mittendrin leuchteten ein paar warme, braune Augen. Ihrer Kleidung nach musste diese Frau der gehobenen Gesellschaft angehören.

Es passierte zweierlei, ihre Augen trafen sich, um Rudi war es geschehen. Das Glas Gurken in seiner Hand glitt zu Boden. Der Aufschlag des Glases, das zerplatzende Glas, die sich auf den Boden ergießenden Gurken, in aromatischer Würze eingelegt; alle diese Sekunden hatte er nicht einmal mitbekommen.

Die Augenpaare verschmolzen ineinander, die Welt um sie herum verschwamm in einem grauen Schleier.

Eine Verkäuferin schüttelte nur den Kopf und bekümmerte sich um die Sauerei am Boden. Diese Arbeit wurde ihr zudem erschwert, der Mann stand wie eine Wachsfigur zwischen den Regalen, auch die Dame seines Herzens schien am Boden festgeklebt zu sein. Ihre Herzen tanzten dagegen Walzer im Dreivierteltakt.

Die Verkäuferin maulte. „Gehen sie endlich zur Seite!“ Keine Reaktion, Rudi schien seine Außenwelt nicht mehr wahrzunehmen. Die Verkäuferin stellte sich demonstrativ vor den Mann und schrie.

Zwei Regalreihen weiter hielt sich der Marktleiter die Ohren zu. Er kam natürlich sofort angelaufen, um seine Mitarbeiterin zur Rede zu stellen. Angesichts dieser Situation war er aber auch nur sprachlos, so etwas hatte er noch nie in seinen dreißig Jahren als Marktleiter gesehen.

Eine Gruppe von neugierigen Kunden hatte sich bereits um das Geschehen aufgebaut. Ein Mann äußerte sich in mehr als abfälliger Weise. Rudi hingegen schritt endlich auf die Frau zu, diese reichte ihm wie in Trance die Hand. Er ergriff ihre Hand, hielt sie behutsam, fast zart in seiner Hand.

Das Paar verließ den Supermarkt.

Die Verkäuferin zeigte auf die beiden Einkaufswagen. „Was passiert damit?“ Der Markleiter stöhnte. „Das weiß ich jetzt auch nicht! Ich denke die werden im Moment an so etwas nicht denken.“ Die Verkäuferin meinte. „Schöne Bescherung und ich darf die Ware wieder in das Regal zurückbringen. Eigentlich gehören solche Menschen nicht auf die Strasse.“

Eine ältere Frau kicherte verlegen. „Das müsste mir Mal passieren.“
Der Markleiter grinste. „Ich denke der Ehemann wird den Typen durch die Strassen dieser Stadt jagen.“

Das interessierte Rudi an der Stelle wenig, er genoss die Zeit mit Krystyna Dzierwa. In beiden Menschen war eine Liebe entflammt und sie vergaßen ihre Umwelt.
Krystyna war aus Polen nach Deutschland gekommen, sie wollte hier in ihrem Beruf als Verkäuferin arbeiten. Leider hatten ihre Anwerber in Polen, sie für einen anderen Job vorgesehen. Sie sollte in einem Bordell anschaffen. Krystyna war dort nicht einmal einen Tag geblieben, sie war bei der ersten Möglichkeit geflohen.

Ihr Weg führte sie direkt in die Arme einer älteren Dame, diese war überaus froh, eine Gesellschafterin gefunden zu haben. Sie kleidete Krystyna ein und hatte ihr ein Dach über dem Kopf gegeben.

Die alte Dame nahm die Beziehung zu Rudi sehr gelassen auf. Ihre einzige Bitte war, Krystyna sollte ihr weiterhin als Gesellschafterin zur Verfügung stehen.
Das Paar schwebte auf Wolken, getragen von einer großen, einzigartigen Liebe.
Krystyna meldete ihre Ausweispapiere als gestohlen. Die polnische Botschaft sicherte ihr zu, so bald als möglich neue Papiere zu übergeben. Natürlich mussten dafür eine Reihe Anfragen in ihrer polnischen Heimat gestellt werden. Irgendwie mussten auch die Vermittler in Kenntnis gesetzt worden sein. Sie standen eines Morgens vor der Haustür und wollten Geld sehen.

Rudi vereinbarte mit ihnen einen Übergabetermin, schließlich brauchte er Zeit um das Geld zu besorgen. Die alte Dame schaltete hingegen einen guten Bekannten, einen ehemaligen Polizeidirektor ein.

Am Abend der Geldübergabe durften die Geldeintreiber leider nicht über Los, sondern mussten direkt in die Gefängniszelle. Krystyna hingegen erhielt ihren Ausweis und ihren Reisepass zurück.

Überglücklich meinte Rudi. „Jetzt können wir doch das Aufgebot bestellen?“ Die alte Dame meinte lächelnd. „Ich denke Rudi, du hast etwas vergessen. Ich weiß auch schon wie ihr das gelöst bekommt.“ Sie verschwand für einige Minuten, um anschließend Rudi einen Ring mit Rubinen zu überreichen. Der stammelte verlegen. „Diesen Ring kann ich nicht annehmen, der ist viel zu wertvoll.“

Die alte Dame meinte. „Der ist doch nicht für dich, der ist für Krystyna.“ Rudi nahm die Hand seiner Geliebten, streifte ihr über den Ringfinger der linken Hand den Ring. Anschließend ging er vor ihr auf die Knie. „Du bist die Frau für ein Leben. Krystyna, willst du meine Ehefrau werden?“

Krystyna strahlte, ein leichtes zartes Rosa legte sich auf ihre Wangen. Ihre warmen Augen sagten bereits ja, ehe die Lippen noch die Worte formten. „Ja, ich will deine Ehefrau werden. Du bist der Mann für ein Leben.“

So hat Rudi am Ende doch noch die Frau für ein Leben gefunden.

© Bernard Bonvivant

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